Radpilgerreise: Münsterland - Santiago de Compostela
(Mai/Juni 2013)
Ich möchte zunächst telegrammstilmäßig meine Reiseroute mitteilen, die Übernachtungsorte sind fett gekennzeichnet:
Beckum (Start 10. Mai 2013), Gelsenkirchen, Willich, Aachen, Eupen, Diekirch, Luxemburg, Metz, Toul, Neufchateu, Langres, Dijon, Malay (bei Taizé/Cluny), Roanne, Charlieu, Noirétable, Ambert, La Chaise Dieu, Le Puy-en-Velay (21./22. Mai 2013), St. Chely d'Apcher, Entraygues, Conques, Figeac, Cahors, Moissac, Saint Clar, Auch, Tarbes, Lourdes, Laruns (franz. Pyrenäen vor Portalet-Pass: Überquerung 1. Juni 2013 ),
Biescas, Sabiñánigo, Jaca, Tafalla, Estella, Logroño, Ventosa, Santo Domingo de la Calzada, Burgos, Carrión de los Condes, Terradillos de los Templarios, León, Hospital de Orbigo, Astorga, Cruz de Ferro, Ponferrada, Villafranca del Bierzo, Cebreiro, Santa María do Poio, Samos, Melide, Santiago de Compostela (Ankunft 11. Juni 2013).
Insgesamt 2730 Kilometer.
Fahrräder zum Pilgern und anderen Zwecken findet man auf der folgenden Seite: www.fahrradexperten.com
Da ich den Französischen Weg vor vier Jahren (Saint-Jean-Pied-de-Port - Santiago) schon einmal gegangen bin und den Aragonischen Weg vor zwei Jahren (Oloron-Sainte-Marie - Puente la Reina/Navarra), habe ich mich als "Routinier" diesmal nicht so sehr vorbereitet, was die Reiseplanung oder insbesondere Reservierungen von Übernachtungen anging. Einerseits habe ich es genossen, täglich nach Lust und Laune zu fahren bzw. soweit die Beine und das diesjährige Regenwetter es mitmachten, andererseits war ich überrascht, dass es besonders in Ostfrankreich nicht immer einfach war, als Einzelreisender außerhalb der Hauptsaison kurzfristig ein Zimmer zu bekommen. Eine frühzeitige Reservierung der Übernachtungen hätte in manchen Situationen sicherlich Stress und Kosten gespart. Andererseits hätte das aber auch das spontane Reagieren auf die Reiseumstände - dieses Frühjahr war das Regenwetter ja wirklich problematisch - erschwert.
Bemerkenswert war für mich, dass besonders in Luxemburg und Ostfrankreich (relative Nähe zu Deutschland und der Schweiz) die Kosten sehr hoch sind und die Hotelkapazitäten vergleichsweise gering. Oft waren Hotels und Herbergen ausgebucht oder nur sehr teure Zimmer kurzfristig zu haben. In Dijon habe ich sogar eine Nacht in bzw. vor dem Hauptbahnhof verbracht; selbst für 100 Euro hätte ich in Innenstadtnähe kein Zimmer mehr bekommen. In Le Puy hatte ich diesbezüglich keine Probleme, ich bin in der Kapuziner-Gite untergekommen (5-Betten-Schlafsaal), die ich auch weiterempfehlen kann. Zwischen Le Puy und den Pyrenäen hatte ich weniger Unterkunftsprobleme und die allgemeinen Lebenshaltungskosten auf Spanien zu scheinen auch zu sinken.
In Lourdes scheint es ein Hotelüberangebot zu geben, dort konnte ich für 18 Euro in einem einfachen Hotel ein Einzelzimmer bekommen (in Luxemburg, Metz oder Dijon hätte ich davon nur träumen können). In Laruns gab es eine Gite d’Etape, wo ich einen 6-Betten Schlafsaal für 13 Euro für mich alleine hatte. Meine teuerste Übernachtung hatte ich in Diekirch (Luxemburg), wo ich angesichts der späten Stunde und des drohenden Gewitters mir ein Hotelzimmer für 70 Euro (ohne Frühstück) leisten musste. In Spanien bin ich immer ohne Probleme kurzfristig untergekommen, in Terradillos z.B. musste ich in der Herberge allerdings ein Einzelzimmer für 35 Euro nehmen, da die billigen Gruppenschlafsäle schon belegt waren.
In Laruns (französische Pyrenäen) musste ich wegen des schlechten Wetters (unten Dauerregen, in den Bergen Schnee) einen Tag Zwangspause einlegen. Die dortigen Tageszeitungen schrieben, dass es der regenreichste Mai seit 1946 gewesen sei.
Auch in Le Puy und Burgos habe ich Ruhetage eingelegt, allerdings um mir diese "Camino-Hauptstädte" in Ruhe anzusehen, Wäsche zu waschen, zu schreiben etc. Außer diesen zwei Städten möchte ich in Frankreich noch Conques, das Lot-Tal und die Grotten von Pech-Merle (Höhlen mit prähistorischen Funden) kurz vor Cahors, Moissac und natürlich Lourdes hervorheben. Der Portalet-Pass (knapp 1800m) ist sogar als eine Jakobswegvariante an der Passstrasse gekennzeichnet, was ich gar nicht wusste. Auf spanischer Seite haben mich diesmal (wieder) Santo Domingo de la Calzada, Astorga und Ponferrada beeindruckt.
In der Kathedrale von Santo Domingo gibt es immer interessante Ausstellungen (diesmal u.a. über China). In Astorga finde ich außer der Kathedrale den Bischofspalast sehr sehenswert. Nicht nur, weil er vom Architekten Gaudi entworfen wurde, sondern weil sich darin ein sehr interessantes Pilgermuseum befindet. Im Keller gibt es Funde aus römischer Zeit. In Poferrada kann ich die Templerburg und drinnen die Austellung mittelalterlicher Bücher empfehlen.
Das Radpilgern - wenn man alleine fährt - ist schon anders als das Fußpilgern. Zwischen meiner Heimatstadt und Le Puy habe ich zwar Radfahrer getroffen, die auch allein unterwegs waren (meistens Holländer), aber keine Santiagofahrer. Die ersten Pilger habe ich eigentlich in Le Puy kennengelernt. Man ist also viel mehr auf sich allein gestellt. Erst auf dem Camino Francés trifft man dann auf die (Rad)Pilgermassen. Als ich in Spanien an den Fußpilgern vorbeirauschte (so kam es mir auf dem Rad vor, auch weil ich den Weg selbst schon mal gegangen bin), dann hatte ich manchmal das Gefühl, als Zuschauer einen Film an mir vorbeiziehen zu sehen.
Die Kontakte mit Mitpilgern habe ich als flüchtiger empfunden, da man sie aufgrund der höheren Geschwindigkeit seltener wiedertrifft, beim Fahren weniger gesprochen wird und alles viel schneller geht. So habe ich es subjektiv jedenfalls empfunden, auch wenn mein Weg von Beckum nach Santiago fast genauso lange gedauert hat, wie vor vier Jahren mein Fußweg von Saint-Jean-Pied-de-Port bis Santiago. Ob man das nun als positiv oder negativ empfinden will, hängt sicherlich auch davon ab, ob man auf dem Weg vor allem neue Kontakte sucht oder eher in sich gehen will.
Ich will aber auch nicht verschweigen, dass ich besonders in Frankreich abseits der Standardpilgerrouten oft mit Interesse gefragt worden bin, woher ich denn komme, wohin ich will usw., was einem auf dem Camino Francés nicht mehr passiert. Und natürlich empfindet man es auch als einen persönlichen Erfolg, "seinen" Weg alleine, ohne fremde Hilfe, trotz des schlechten Wetters usw. gegangen bzw. gefahren zu sein und das Ziel Santiago auch erreicht zu haben. Ich bin zwischen mehreren Wegvarianten gependelt, d.h. ab Le Puy habe ich mich hauptsächlich auf der Via Podiensis befunden, bin dann aber in der Gascogne ein kurzes Stück zur Via Tolosana gewechselt, dann schließlich über den Aragonischen Weg auf den Camino Francés gestoßen. Meistens bin ich über die ausgeschilderten Pilgerstraßen gefahren, seltener über die Fußwege: Einerseits, um auch voranzukommen (was mit dem Fahrrad auf asphaltierten Straßen viel schneller als auf Wanderwegen geht), andererseits aber auch, um die Fußpilger nicht auf ihren Wegen zu belästigen.
Ich war mit einem normalen Tourenrad (24 Gänge) unterwegs, wahrscheinlich mit viel zu viel Gepäck. Aber alles hat seine Vor- und Nachteile. Natürlich war ich nicht so schnell wie einige Leute mit professionellen Rennrädern und Minimalgepäck. Aber ich wollte auch kein Radrennen gewinnen. Bei dem ständigen Regenwetter dieses Frühjahrs und der unerwarteten Kälte hatten mein gut gefüllter Kleidersack und die Schutzbleche an meinem Fahrrad sicherlich auch ihre Vorteile. Ich hatte keinerlei Pannen, nicht einmal einen Platten auf der gesamten Strecke. Lediglich die Bremsen musste ich dreimal nachstellen.
Die Route über Le Puy und das Zentralmassiv ist von Westfalen aus weder die kürzeste noch die leichteste in Richtung Santiago. Fast die ganze Strecke ist (ab Aachen) mehr oder weniger gebirgig, aber die Etappen durch das Zentralmassiv empfand ich als die anspruchsvollsten. Die Landschaft und die historischen "Camino-Höhepunkte" entschädigen dann für alle zusätzliche Anstrengung. Die Via Turonensis (über Paris, Tour und Bordeaux) wäre kürzer und leichter gewesen, wie ich auf der Rückreise mit dem Bus durch das westliche Frankreich mit eigenen Augen gesehen habe. Berge sieht man zwischen der Grenze zu Spanien und der Grenze zu Belgien auf dieser Strecke kaum...
Die Rückreise mit dem Europabus habe ich von Santiago bis Dortmund über die spanische Firma ALSA gebucht (32 Stunden Fahrt - 162 Euro). Attraktiv war für mich dabei auch das Angebot, dass ich mit dem Fahrrad noch bis zum Busbahnhof in Santiago fahren konnte. Dort habe ich es der Firma ALSA übergeben, diese hat es dann einpacken lassen und mir für 94 Euro über einen Kurierdienst nach Deutschland zustellen lassen. Das Fahrrad kam fünf Tage später unbeschädigt in Beckum an.
Ich füge diesem Bericht ein paar repräsentative Fotos meiner Santiagofahrt bei, die – wie dieser Text – hoffentlich dem einen oder anderen Interessierten Mut machen, seine Radpilgerreise anzutreten. Ich stehe auch gerne für weitere Auskünfte zur Verfügung.
Herzliche Grüße und Buen Camino,
El Peregrino Teutón-Azteca (der deutsch-mexikanische Pilger)
Fahrräder zum Pilgern und anderen Zwecken findet man auf der folgenden Seite: www.fahrradexperten.com
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Interkultureller Musikvideo- Tipp: Der mexikanische Tod (und das majazzthekische Mädchen)
Das Mädchen: Der Tod:
- Vorüber! Ach vorüber! Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!
- Geh wilder Knochenmann! Bin Freund, und komme nicht, zu strafen:
- Ich bin noch jung, geh Lieber! Sei gutes Muts! ich bin nicht wild,
- Und rühre mich nicht an. Sollst sanft in meinen Armen schlafen. Matthias Claudius
- Ich lebe in einem wilden Land. Der Tod - manchmal friedvoll und zart - öfters auch frühzeitig und gewaltsam -
- ist hier alltägliche Realität - wie eigentlich überall auf der Welt. Nur die kulturelle oder auch persönliche Sichtweise variiert.
- Hier eine musikalische Hommage an den Totentag (in Deutschland Allerseelentag) meines Gastlandes und die dortige Wahrnehmung des "sanften Freundes":
- .
- La Sandunga-Llorona
- (Link Video YouTube)
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Pilgerlegende:
Jakob Beckeling
Ich bin dann mal out ...
... Outgesourct nach Santiago
oder
Der Heilige Jakob zu Zeiten der Schweinegrippe
Jetzt zu "Corona" hier auch der Gratisdownload der gesamten Pilgerlegende
Falls Ihnen Legende und Musik gefallen haben sollten, würde ich mich auch über eine kleine freiwillige "Aufwandsentschädigung" freuen (vielleicht 5 bis 10 Euro?), die Sie an mich auf das Konto von Matthias Otto,
Postbank Dortmund, IBAN DE38 4401 0046 0256 3064 68; BIC PBNKDEFF leisten könnten. Stichwort Pilgerlegende Beckeling
matthiasax@aol.com WhatsApp: 0052-2221-0518-22
Kostproben Teil 2 und Teil 3: